Interessante Diskussionen und Exkursion zu strukturverbessernden Maßnahmen an der oberen Lahn

Auf Einladung des Regierungspräsidiums Gießen wurden auf einer Fachtagung in Lahntal-Göttingen am 28.05.2024 die Ergebnisse des Projektes „Maßnahmen zur Stützung der Bestände der kieslaichenden Fischarten Äsche und Nase in der Oberen Lahn“ vorgestellt. Die Untersuchungen dazu wurden von der BfS Marburg von 2017-2021 durchgeführt und waren ein Teilprojekt des EU-Life Projekts „Lila – Living Lahn“. Schwerpunkt der Veranstaltung waren die Auswirkungen der durchgeführten genehmigungsfreien strukturverbesserden Maßnahmen im Fluss auf die Entwicklung der gesamten Fischfauna und speziell auf die Äschen- und Nasenbestände.

Der Teilnehmendenkreis umfasste Behördenvertreterinnen und -vertreter aus der Bundesanstalt für Gewässerkunde, dem Wasserstraßen und Schifffahrtsamt Mosel-Saar-Lahn, dem Regierungspräsidium Gießen, der SGD Nord in Koblenz, der Naturschutzbehörde des Kreises Marburg-Biedenkopf, sowie aus den Wasserbehörden von Montabaur und Altenkirchen. Außerdem waren Interessierte der IG-Lahn und des Landesfischerverbands in Rheinland-Pfalz sowie der Universitäten Koblenz und Kassel anwesend, und nicht zuletzt ein Teil unserer Freude aus dem Partnerbüro BfS Frankfurt. Schön war auch die Teilnahme des Naturfilmers Stefan Tannenberg, der für uns die Veranstaltung dokumentierte und alle Fotos dieses Beitrages gemacht hat.

Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einem Vortrag von Marlene Höfner und Elisabeth Kister (RP Gießen), welche die Maßnahmen und Ziele des EU-Life Projektes an der Lahn vorstellten und dabei auch auf andere Teilprojekte aus dem naturschutzfachlichen Bereich eingingen.

Frau PD Dr. Winkelmann (Universität Koblenz) stellte im Anschluss in einem Vortrag vor, wie Nasen die Gewässerqualität im Fluss verbessern können und welche strukturellen Ansprüche sie an das Gewässer haben. Diese Erkenntnisse stammen aus Ergebnissen zweier Forschungsprojekte, welche zusammen mit der BfS in Marburg und Frankfurt durchgeführt wurden (BIOEFFEKT, s. https://bfs-marburg-huebner.de/projekte/?e-filter-fb7d595-forschungsbereich=biomanipulation). Anschließend stellen Roman Fricke und Dirk Hübner die Auswirkungen der genehmigungsfreien strukturverbesserden Maßnahmen auf die Bestände von Äsche und Nase in der oberen Lahn vor.

Hierbei wurden durch Herr Fricke zuerst die Belastungsfaktoren für die Fischfauna in der oberen Lahn dargestellt, welche unabhängig von den strukturverbessernden Maßnahmen für die Tiere bestehen bleiben. Dazu gehörten die gemessenen physikalisch-chemischen Parameter wie die zu hohe Wassertemperatur, die zu hohen Ammoniak-Werte, die im Zusammenhangmit zu hohen pH-Werten entstehen und eine Folge der Nährstoffbelastung (Eutrophierung) in der Lahn sind. Hinzu kommt die mangelnde lineare Durchgängigkeit in der oberen Lahn durch unpassierbare Wanderhindernisse für Fische, die in Form von Wehren bestehen und größtenteils durch die Wasserkraft genutzt werden. Dabei wird aus der Lahn durch die Wasserkraft während des Sommerhalbjahres meist der größte Teil des Wassers entnommen, sodass die verbleibende Wassermenge in den Ausleitungsstrecken der Lahn weder für ausreichende Strömungsverhältnisse noch ausreichende Wassertiefen an den Flachwasserstellen (Rauschen/riffles) sorgen und dadurch keine Durchwanderung von Fischen erlauben. Aus diesem Grund ist der Lebensraum für Äschen und Nasen lediglich auf vier Unterabschnitte für die Äsche und drei Unterabschnitte für die Nase in der oberen Lahn beschränkt. Hinzu kommt als zusätzliche Belastung für die Fische der Raubdruck durch den Kormoran, der nach Auswertung der Ergebnisse im oberen Teil des Untersuchungsgebietes von der Landesgrenze Hessen/NRW bis Buchenau größer ist als zwischen dem unteren Teil zwischen Buchenau bis nach Marburg. Die Frage war deshalb, inwieweit man unter diesen Bedingungen überhaupt noch durch strukturverbessernde Maßnahmen im Fluss die Fischbestände positiv beeinflussen kann.

Herr Hübner zeigte im weiteren Verlauf des Vortrages auf, wie unkompliziert strukturverbessernde Maßnahmen am Fluss realisiert werden können, wenn sich alle Genehmigungsbehörden mit den kommunalen Vertretern und Interessengruppen (Fischereivereine) die geplanten Maßnahmen vor Ort ansehen und direkt am Gewässer absprechen. Damit wurde es möglich, alle Maßnahmen innerhalb der Gewässerunterhaltung durchzuführen. Erleichternd kam im Fall der hinzu, dass die Kommunen durch zwei Verbände vertreten wurden, die für die Gewässerunterhaltung in der oberen Lahn zuständig sind. Des Weiteren wurden die Umsetzung der Maßnahmen vorgestellt und die positive Wirkung auf die Gesamtfischfauna und die beiden Zielarten aufgezeigt. Im Falle der Nase waren die strukturverbessernden Maßnahmen ein wichtiger Baustein für den Erfolg der Wiederansiedlung dieser Art in der oberen Lahn innerhalb von nur fünf Jahren. Die Diskussion am Ende des Vortrages bezog sich auf einzelne Maßnahmen. Insgesamt wurde diese Vorgehensweise zur Umsetzung von strukturverbessernden Maßnahmen im Fluss positiv aufgenommen.

Nach einer Mittagspause ging es einer  Exkursion an verschiedene Lahnabschnitte, in denen die Maßnahmen durchgeführt wurden. Dabei wurden die verschiedenen Einbauten von Steinen, Totholz und Entfesselungsmaßnahmen vorgestellt und die Erfahrungen mit den Teilnehmern und untereinander diskutiert. Insbesondere die Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit einzelner Maßnahmen im Laufe der Zeit stand im Mittelpunkt der Diskussion. Insgesamt gab es an zahlreichen Stellen viele neue und naturnahe Strukturen zu entdecken, die seit der Umsetzung der Maßnahmen entstanden sind.

Offenbar wurde das Interesse an der praktischen Umsetzung von strukturverbessernden Maßnahmen durchaus geweckt. Ein Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchte mit uns nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung noch bis zum Abend eine wieder geöffnete Furkationsrinne der Lahn, bei der mit Wathose und Gummistiefeln die neu entstandenen Lebensräume für Tiere und Pflanzen im Fluss besichtigt wurden.

Wir bedanken uns bei dem Veranstalter und allen Teilnehmenden für diesen schönen und erlebnisreichen Tag und freuen uns auf ein Wiedersehen! Die Fachvorträge stehen auf dieser Seite ebenso zum Download bereit wie der Endbericht des EU-LIFE- Teilprojekts.

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